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Klingelberger Riesling wird (blinder) Passagier der Arche Archiv

Klingelberger Riesling wird (blinder) Passagier der Arche

FREIBURG. Nun ist also Riesling vom Durbacher Klingelberg als besonders schützenswert in die Slow Food-Arche des Geschmacks aufgenommen worden.
Als uns der Verein Slow Food in einer Pressemeldung erklärte, dass nun die Riesling-Variante ?Klingelberger? in die von Slow Food initiierte ?Arche des Geschmacks? aufgenommen worden ist, mussten wir das ganze zweimal lesen und waren dann überrascht und recht irritiert.

Für uns war Klingelberger ein anderer Name für Riesling ? nicht mehr und nicht weniger. Und selbstverständlich kennen und schätzen wir einige gute Betriebe aus Baden, die einen Teil Ihrer Rieslinge aus dem Durbacher Klingelberg unter dem Namen Klingelberger vermarkten. Soweit so gut.

Warum dieser Klingelberger nun jedoch besonders schützenswert ist, entzog sich unserer Kenntnis, und so hatten wir eigentlich vor, die Slow Food-Meldung unkommentiert zur Seite zu legen und von einer Veröffentlichung absehen.


Arche-Passagiere sind vom Vergessen bedroht
Die ?Arche des Geschmacks?, in die Slow Food weltweit Nutztiere, Nutzpflanzen aber auch traditionelle Produkte rettet, die eigentlich vom Vergessen bedroht sind, zählt in Deutschland rund 30 seltene Produkte wie die Champagner Bratbirne, Teltower Rübchen, das Bunte Bentheimer Schwein
oder autochthone Rebsorten wie der Blaue Häuptling (Tauberschwarz). Diese Arche war bisher eine großartige und ehrenwerte Aufgabe, die Unterstützung verdient.


Aber auf den zweiten Blick wird das ganze fragwürdig und damit die sicherlich gut und engagierte Arbeit in Sachen ?Arche des Geschmacks? durch die, sagen wir mal: Klingelberger-Posse diskreditiert.

Klingelberger ist ein Synonym für Riesling ? mehr nicht
Da wird der Klingelberger plötzlich zu einer Riesling-Variante umgewidmet und so getan, als gelte es eine autochthone, im Aussterben begriffene Rebsorte zu schützen. Das alles wird mit ein bisschen Politik und etwas Marketing gewürzt, in der Hoffnung, dass die beteiligten Betriebe so ein paar Flaschen mehr absetzen können. Schade, dass ein Verein wie Slow Food, bei dem eigentlich der aufgeklärte, mündige Verbraucher im Mittelpunkt, sich für so etwas einspannen lässt und auch schade, dass einige der renommierten Durbacher Betriebe es nötig haben, auf solchem Niveau Marketing zu betreiben.

Doch kurz zu den Fakten:
Mit der Aufnahme in die Arche erweist Slow Food nach eigenen Angaben einem Wein, der im 18. Jahrhundert auf dem Klingelberg bei Schloss Staufenberg erstmals durch den damaligen Markgraf Carl Friedrich von Baden angebaut wurde, eine Reverenz. ?Der Klingelberg war der erste sortenreine Weinberg in ganz Baden. Die besondere Qualität des Rieslings vom Klingelberg machte die lokale Bezeichnung ?Klingelberger? zu einem Synonym für guten Riesling aus der mittleren Ortenau,? so der Verein in seiner Begründung.


Das hat Slow Food offensichtlich ausgereicht, um sich den Klingelberger Riesling auf die Fahnen zu schreiben. Doch ein Blick in das Taschenbuch der Rebsorten hätte schon genügt, um festzustellen, dass mit einer solchen Begründung eine Vielzahl von Rieslingen in die Arche aufgenommen werden müsste: ?Viele Synomye für den Weißen Riesling (so die richtige Sortenbezeichnung, Anm. d. Red.) sind dadurch entstanden, dass die Sorte nach einem Ort benannt wurde, an dem sie besonders gute Weine hervorbrachte oder erstmalig angebaut wurde. Ein solcher Name ist ?Klingelberger?, der heute noch für die Rieslingweine der badischen Ortenau verwandt wird, wo er erstmalig im Durbacher Klingelberg angebaut wurde.?

?Johannisberger?, ?Hochheimer? oder ?Gräfenberger? sind als Synonyme für den Riesling ähnlich entstanden.


Doch womit ist der Durbacher Klingelberg tatsächlich bestockt? Mit einem Riesling-Klon, der nur dort wächst? Einem Klon, der von dort stammt und etwa als wurzelechte Variante dort durch Setzlinge seit Jahrhunderten vermehrt wurde? Wie alt sind die im Ertrag stehenden Weinberge? Fragen, die Slow Food offensichtlich nicht geprüft hat.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Reben, die im Klingelberg wachsen, ganz normale Riesling-Klone sind, wie sie in allen deutschen Riesling-Regionen vorkommen und wie sie gängigerweise von Rebschulen angeboten werden. Riesling-Klone, die auf Unterlagsreben gepfropft worden sind und den Stand der Rebzucht der jeweiligen Zeit widerspiegeln. Das alles ist gut und richtig so, aber keine Besonderheit.

Aus dem Durbacher Klingelberg kommen großartige Weine ? weil es dort einige großartige Erzeuger gibt. Aber gibt es geschmacklich den Klingelberger Riesling? Nein, meinen wir, wenn wir an die Klingelberger Rieslinge denken, die wir bisher verkostet haben. Die Qualität der Klingelberger Rieslinge ist wie bei den meisten deutschen Spitzenlagen zwar durch das Terroir geprägt, aber letztlich bleibt die Handschrift des Winzers von besonderer, prägender Bedeutung. Ein eigenes Rebsorten-Profil haben wir nicht erkennen können. Und das gibt es auch nicht.

Idee der Arche wird verwässert
Wenn man mit dem Maßstab, den Slow Food bei der Aufnahme des Klingelberger Rieslings angelegt hat, weitermachen würde, dann ergäben sich unzählige neue Kandidaten: die zahlreichen historischen Monopol-Lagen einzelner Erzeuger etwa, oder Lagen wir der Ürziger Würzgarten mit seinen teils hundertjährigen, wurzelechten Rieslingreben und seinem einzigartigen Lagenprofil.

Ist das im Sinne der Idee? Nein.


Wir wollen dieser Kritik keinesfalls die Qualität der Klingelberger Rieslinge abwerten. Viele Rieslinge von dort hätten einen solchen Marketing-Bluff vielmehr nicht nötig. Und das viel gelobte Arche-Projekt von Slow Food muss nun leider als gescheitert angesehen werden, wenn jede historische Besonderheit aufgrund lokaler Interessen offensichtlich nachlässig geprüft zum Arche Passagier aufgewertet wird. Das schadet den echten Arche-Passagieren, die unser aller Unterstützung tatsächlich nötig haben!

Schade.

Doch beim Blick hinter die Kulissen wird dann deutlich, dass die Arche-Kommission des Vereins sich mit dem Klingelberger noch gar nicht abschließend befasst hat, während der Slow Food-Pressesprecher schon die Aufnahme verkündet.


?Da wird mit viel Brimborium etwas zelebriert, das nicht der Wahrheit entspricht,? äußert sich ein Mitglied der Archekommission öffentlich: ?Die Archekommission von Slow Food Deutschland, die für die Anerkennung von? Archepassagieren? zuständig ist, hat diese Aufnahme bisher nicht
abschließend beraten. Davon, dass ?die Archekommission grünes Licht?
gegeben habe, kann überhaupt keine Rede sein, ganz abgesehen von dem
behaupteten ?strengen Aufnahmeverfahren?.?


Der Klingelberger also nur ein blinder Passagier?




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