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Gault&Millau WeinGuide für 2006 Archiv

Jahrgang 2006: wird nicht in die Geschichte eingehen

KOBLENZ. Während an der Mosel vor allem die Riesling Auslesen brillierten, waren es an der Nahe die trockenen Rieslinge, die Furore machten. Aber auch Franken und die Ostregionen blieben mit ihren Weinen meist über dem Durchschnitt. Nicht wenigen Gebieten, vor allem im Süden, hatte der nasse Herbst 2006 große Probleme beschert.

g&m 2008

Die 13 deutschen Anbaugebiete im Überblick

Ahr: Frank und Marc Adeneuer sind die »Aufsteiger des Jahres«
Noch vor wenigen Jahren standen das Weingut Meyer-Näkel und der Deutzerhof als einsames Führungsduo an der Qualitätsspitze des Anbaugebietes. Dann ist das Weingut Jean Stodden in Rech in die Spitzengruppe der Vier-Trauben-Betriebe an der Ahr vorgestoßen. Und nun ziehen die Brüder Adeneuer in Ahrweiler nach. Ihre Spätburgunder finden die Herausgeber des Gault Millau WeinGuide, Armin Diel und Joel Payne, mittlerweile so überzeugend, dass sie den Betrieb zum »Aufsteiger des Jahres« in Deutschland küren.

Mit den als sensationell eingestuften 2006er, deren beste Exemplare noch im Fass liegen, könnte im kommenden Jahr eine Serie von langlebigen Spitzenweinen aufgetischt werden, wie sie das Gebiet bislang so noch nicht gesehen hat. Weiterer Aufsteiger in der Hierarchie ist das Weingut Sermann-Kreuzberg in Altenahr, das nach immer besseren Leistungen in den letzten Jahren den Sprung in die Zwei-Trauben-Klasse schaffte. Insgesamt 17 Betriebe mit einer und mehr Trauben werden ausführlich besprochen, drei weitere sind empfehlenswert.


Baden: »Winzer des Jahres« ist Bernhard Huber
Das große Anbaugebiet zwischen Bergstraße und Bodensee kann mir einer bemerkenswerten Premiere aufwarten: Erstmals kommt ein »Winzer des Jahres« aus Baden. Als Sahnehäubchen bekommt der Betrieb auch noch fünf Trauben und steigt damit in die Riege der weltbesten Erzeuger auf. Diese Ehre widerfährt Bernhard Huber aus Malterdingen, einer der bedeutenden Rotweinpioniere im Land, der wie kaum ein anderer mit den Burgundersorten umzugehen weiß. Mittlerweile sind auch seine Weißweine auf Top-Niveau, bestätigen die Herausgeber des Gault Millau WeinGuide, Armin Diel und Joel Payne.


Franken: »Gutsverwalter des Jahres« aus Castell
Der »Gutsverwalter des Jahres« kommt aus Franken. Es ist Karl-Heinz Rebitzer vom Fürstlich Castellschen Domänenamt. Rebitzer ist geradezu ein Urgestein der fränkischen Szene und seit nunmehr 40 Jahren bei Castell in Amt und Würden. Diese Treue und zugleich die Bescheidenheit des Verwalters, der seine Erfolge immer als Leistung des ganzen Teams sieht, möchten die Herausgeber des Gault Millau WeinGuide, Armin Diel und Joel Payne, mit dieser Auszeichnung besonders ehren.

Die fränkische Betriebshierarchie ist an der Spitze mit dem Vier-Trauben-Trio von Fürst Castell, Rudolf Fürst und Horst Sauer unverändert geblieben. Unter den Drei-Trauben-Gütern rangiert jetzt Rainer Sauer aus Escherndorf, der sich kontinuierlich nach vorn gearbeitet hat. Aufsteiger mit zwei Trauben sind Brügel in Greuth, Reiss in Würzburg und die Winzer Sommerach. Die Zahl der Nachrücker bleibt hoch. Insgesamt fünf Betrieben verlieh die Redaktion die erste Traube.


Hessische Bergstraße: Meist nur recht einfache Trinkweine
Das kleine Gebiet zwischen Darmstadt und Heppenheim schöpft derzeit seine Möglichkeiten nicht voll aus. Diese mäßige Bilanz, welche die Autoren bereits im Vorjahr ziehen mussten, bestätigte sich im Jahrgang 2006 mit Nachdruck. Viele Winzer scheinen sich mit der Erzeugung einfacher Tinkweine zufrieden zu geben, monieren die Chefredakteure des Gault Millau WeinGuide, Armin Diel und Joel Payne.

Hinzu kommt, dass nach den Beobachtungen der Autoren das Staatsweingut in Bensheim derzeit seine Leistung nicht voll abrufen kann und das Weingut der Stadt Bensheim mit dem Jahrgang 2006 nahezu Schiffbruch erlitt. Für die Region ist es in dieser Situation ein Segen, dass wenigstens das Weingut Simon-Bürkle bei den trockenen und halbtrockenen Weinen den Ton in der Region angeben kann. 


Mittelrhein: Vier Güter bilden die Spitzengruppe
An der Spitze des kleinen Gebietes zwischen Bingen und Bonn schält sich immer mehr eine Vierergruppe heraus. Neben dem nach wie vor führenden Weingart und Mathias Müller, beide in Spay, sind es die altrenommierten Betriebe Toni Jost und Ratzenberger in Bacharach, die durch steigende Leistungen erheblich aufgeschlossen haben. Die beiden anderen Drei-Traubenbetriebe, Didinger, vor allem aber August und Thomas Perll, haben offenbar ein wenig den Anschluss verloren, stellen die Herausgeber des Gault Millau WeinGuide, Armin Diel und Joel Payne, fest.

Die um sich greifende Fäulnis führte auch am Mittelrhein zu einem hektischen Herbst. Dass es dabei an der Reife der Trauben nicht fehlte, beweist der Blick auf manches Etikett, vor allem beim trockenen Wein. Rieslinge mit 14, sogar mit 15 und mehr Volumenprozent Alkohol, bilden die Kehrseite der Medaille eines reifen Jahrgangs. Dass solche Weine dann auch noch das Prädikat Kabinett tragen, halten die Autoren für abträglich und für eine Irreführung der Verbraucher.


Mosel-Saar-Ruwer: Titel »Kollektion des Jahres« geht an Fritz Haag
Nach dem überragenden Jahrgang 2005 mussten auch die Winzer an Mosel, Saar und Ruwer kleinere Brötchen backen. Doch eine Kategorie lassen sich die Moselwinzer offenbar von gar keinem mehr streitig machen. Im Jahrgang 2006 wurden nirgendwo sonst bessere Riesling Auslesen erzeugt als in diesem nördlichen Anbaugebiet. Nicht ein Wein aus einer anderen Region schaffte diesmal den Sprung in die Hitliste der besten zehn Auslesen des Jahrgangs. »Eine solche Alleinstellung eines Gebietes in einer Kategorie unserer Spitzenreiter gab es noch nie«, lautet denn auch das Fazit der Herausgeber des Gault Millau WeinGuide, Armin Diel und Joel Payne.

Den begehrten Titel »Kollektion des Jahres« erhält das Weingut Fritz Haag in Brauneberg. Kein anderer Betrieb hat im Jahrgang 2006 ein solch überzeugendes Sortiment vorgestellt. Selbst die einfachen Gutsweine haben Format, alle anderen Weine haben 90 und mehr Punkte. Gekrönt wird die Serie von einer genialen Trockenbeerenauslese, die die Traumnote 100 erhielt. Nur wenige Weine haben dies in 15 Jahren WeinGuide bisher erreicht. Einer davon war eine 1994er Trockenbeerenauslese aus dem gleichen Weingut, übrigens der erste 100-Punkte-Wein in der Geschichte des WeinGuide.


Nahe: Dönnhoff stellt den besten trockenen Riesling
Der beste trockene Riesling des Jahrgangs 2006 kommt von der Nahe. Helmut Dönnhoff hat mit seinem »Großen Gewächs« aus der Niederhäuser Hermannshöhle bei der Bundesfinalprobe die gesamte Konkurrenz hinter sich gelassen. Die strengen Verkoster waren begeistert von der »aufrüttelnden Mineralität dieses Weines, der eine nahezu perfekte Aufarbeitung einer großen Rieslinglage darstellt«, loben die Chefredakteure Armin Diel und Joel Payne.

Konkurrenz gab es für Dönnhoff aber keineswegs nur aus anderen Anbaugebieten, sondern vor allem auch aus der eigenen Region. Zweimal gelang nämlich einem Wein aus dem Monzinger Halenberg der Sprung unter die besten zehn trockenen Rieslinge des Jahrgangs. Das Große Gewächs von Emrich-Schönleber hat die Tester beeindruckt mit seinem hohen Extrakt und enormen Nachhall. Der zweite Halenberg von Schäfer-Fröhlich in Bockenau überzeugte vor allem mit vollreifem Aprikosenduft und animierendem Säurespiel. Auch bei den Spätlesen landeten zwei Rieslinge von der Nahe in der vorderen Spitzengruppe. Die Traiser Bastei von Dr. Crusius belegt gar den zweiten Platz und musste sich nur einer Mosel-Spätlese von Fritz Haag geschlagen geben, der immerhin die Kollektion des Jahres stellt. Auf Rang drei der besten Riesling Spätlesen des Landes steht Helmut Dönnhoff, auch hier mit einer Hermannshöhle.

Pfalz: Becker siegt zum fünften Mal in Folge
Erneut stellt die Pfalz den besten Rotwein in ganz Deutschland. »Es scheint gerade so, als ob Friedrich Becker diese Ehrung zu einem festen Programmpunkt ausgebaut hat«, kommentieren die beiden Chefredakteure des Gault Millau WeinGuide, Armin Diel und Joel Payne, den fünften Sieg des Schweigener Rotwein-Stars in Folge. Auch im Jahrgang 2005 kam an Beckers Spätburgunder Tafelwein die Konkurrenz nicht vorbei. Becker konnte noch zwei weitere Weine in der Top Ten platzieren – eine einzigartige Leistung. Ähnlich erfolgreich wie der Schweigener Rotwein-Magier ist derzeit in der Pfalz nur noch Hansjörg Rebholz. Der Siebeldinger zog auch diesmal wieder alle Register. Gleich zwei Platzierungen gelangen Rebholz bei den 2006er weißen Burgundersorten mit seinem Chardonnay und der »Cuvée ?no«. Und bei den besten Winzersekten stellt Rebholz sogar den Sieger mit dem 2004 »?no« Brut. Einen weiteren Siegerwein steuert das Weingut Dr. Wehrheim bei. Das Weißburgunder »Große Gewächs« aus dem Birkweiler Mandelberg ließ alle Mitbewerber hinter sich. Nur beim trockenen Riesling sahnten die Pfälzer nicht ganz so souverän ab wie in den Vorjahren, sicherlich auch ein Tribut an den problematischen Jahrgang 2006.


Rheingau: Michael Trenz ist »Entdeckung des Jahres«
Große Traditionsgüter gaben in dieser Region über viele Jahre den Ton an. Mittlerweile haben meist ehrgeizige Familienbetriebe das Sagen. Und auch der Nachwuchs steht in den Startlöchern. Das beweist nicht zuletzt Micheal Trenz, den die Herausgeber des Gault Millau WeinGuide, Armin Diel und Joel Payne, zur Entdeckung des Jahres kürten. Das Weingut Trenz in Geisenheim-Johannisberg ist ein gelungenes Beispiel dafür, was Winzerfamilien erreichen können, wenn alle Mitglieder an einem Strang ziehen. Zu den zehn besten Sekten des Landes gehören gleich drei aus dem Rheingau. Sie kommen von Mohr Erben, aus dem Sekthaus Solter und vom Weingut Barth. Grandios der Auftritt des Weingutes Kesseler. Der Assmannshäuser stellt den zweitbesten 2005er Spätburgunder des Landes, nur knapp geschlagen von Dauersieger Friedrich Becker aus der Pfalz. Auch bei den besten trockenen Rieslingen sprechen Rheingauer ein gehöriges Wörtchen mit. Georg Breuer und Schloss Johannisberg stellen Weine, die zu den besten Fünf in ganz Deutschland gehören. Johannisberg zeigte gar den besten trockenen Wein in der gesamten Gutsgeschichte.


Rheinhessen: Dynamische Betriebe rücken in Trauben-Kategorie auf
Seit Jahren schon kennzeichnet der Gault Millau WeinGuide Rheinhessen als die dynamischste Region in ganz Deutschland. Das dokumentiert sich in der neuesten Ausgabe des Führers vor allem in der Ein-Trauben-Kategorie. Allein sieben Güter schafften den Sprung in diese Zone: Becker Landgraf in Gau-Odernheim, Guntrum in Nierstein, Hofmann in Appenheim, Landgraf in Saulheim, Raddeck in Nierstein, Thörle in Saulheim und Wernersbach in Dittelsheim-Hessloch.

»Eine tolle Entwicklung, die zeigt, welche Kreativität in diesem Anbaugebiet steckt«, kommentieren die Herausgeber des Gault Millau WeinGuide, Armin Diel und Joel Payne. Die Ausnahme-Güter Keller in Flörsheim-Dalsheim (5 Trauben) und Wittmann in Westhofen (4 Trauben) stehen zusammen mit Gunderloch (4 Trauben) weiterhin einsam an der Gebietsspitze. Wenn auch die trockenen Rieslinge Kellers nicht ganz so glänzen wie in den Vorjahren, so sind sie doch nach wie vor wegweisend für alle Winzer, die in Rheinhessen kompromisslos auf Qualität setzen wollen.

Saale-Unstrut: Auch am Rand des Harzes wächst guter Wein
Nach wie vor führt das Weingut Pawis in Freyburg die Hitliste der besten Betriebe an Saale und Unstrut souverän an. »Viele seiner Weine können auch bundesweit bestehen «, stellen die Chefredakteure des Gault Millau WeinGuide, Armin Diel und Joel Payne lobend fest. Bernhard Pawis steht allein an der Spitze des nördlichsten Weinbaugebietes in Europa. Mit zwei Trauben haben sich der Winzerhof Gussek in Naumburg und das Weingut Lützkendorf in Bad Kösen hinter ihn gesetzt. Ihnen zugesellt hat sich jetzt Klaus Böhme aus Kirchscheidungen, der sich jetzt ebenfalls mit zwei Trauben schmücken kann. Neben dem Thüringer Weingut Bad Sulza trägt jetzt als Neuling auch das Harzer Weingut Kirmann in Westerhausen eine Traube. Dieser Betrieb beweist, dass sich auch außerhalb des Kerngebiets gute Weine erzeugen lassen, finden die Autoren.



Sachsen: Der Aufschwung ist ungebrochen
Im östlichsten Anbaugebiet der Republik ist der Aufschwung ungebrochen. Während sich Schloss Proschwitz in Meißen und Klaus Zimmerling in Dresden-Pillnitz in der Drei-Trauben-Klasse etabliert haben, hat die Gebiets-Hierarchie weiteren Zuwachs bekommen. Zum einen packte das Sächsische Staatsweingut auf Schloss Wackerbarth in Radebeul souverän den Aufstieg zur zweiten Traube und bestätigte damit nachträglich die Auszeichnung von Sonja Schilg zur »Gutsverwalterin des Jahres« aus dem Vorjahr.



Württemberg: Traditionsbetriebe in Aufbruchstimmung
Rainer Schnaitmann und Gert Aldinger, beide aus Fellbach und beide schon einmal »Aufsteiger des Jahres« im WeinGuide, führen nach wie vor die Spitze der besten Betriebe im Ländle an. Doch der Abstand zu den Verfolgern ist ein wenig geringer geworden, seit Ernst Dautel in Bönnigheim zu alter Form zurückfindet und auch andere Traditionsbetriebe, wie etwa Graf Neipperg in Schwaigern oder auch Drautz-Able in Heilbronn, zu neuen Ufern aufbrechen. Diese Entwicklung in Württemberg stellen die Chefredakteure Armin Diel und Joel Payne im neuen WeinGuide heraus.

In der Hierarchie der besten Betriebe aber hat sich nichts bewegt. Dazu waren die Ergebnisse des problematischen Jahrgangs 2006 auch kaum geeignet. Zudem fiel bei den Verkostungen auf, dass einige »Große Gewächse« diesen Namen nicht verdienen und mancher im Barriquefass ausgebaute Tropfen mehr Holz mitbekommen hatte, als ihm gut tat. Ungebrochen ist die Experimentierfreude im Ländle. Vor allem der Sauvignon blanc entwickelt sich zum Lieblingskind der Winzer – mit teilweise bemerkenswerten Ergebnissen. Die Autoren verzeichnen wieder Neuzugänge. Aufgestiegen in die Ein-Trauben-Klasse ist der von Nanna und Ulrich Eißler geführte Steinbachhof in Vaihingen-Gündelbach. Auch das Löwensteiner Familiengut von Jürgen Zipf schaffte den Sprung in die Traubenklasse. Damit haben sich nun alle Mitglieder der bemerkenswerten Vereinigung »Junges Schwaben« in den Traubenrängen des WeinGuide angekommen.


Quelle: Gaullt Millau

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