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Gault&Millau WeinGuide Deutschland für 2009

Jahrgang 2009: In fast jeder Flasche ein guter Wein

MAINZ. Ob 2009 tatsächlich ein Jahrhundertjahrgang ist, wie vielfach schon während der Ernte vorhergesagt wurde, das wird wohl erst die Zeit zeigen.

cover weinguide 2011

Für den Chefredakteur des Gault Millau WeinGuide, Joel Payne, steht eines allerdings jetzt schon fest: »Man kann aus 2009 fast jeden Wein blind kaufen. Fast alle Winzer haben ansprechende Weine erzeugt und in der Spitze ist die Qualitätsdichte sehr hoch«. Dies ist das Fazit ausgedehnter Verkostungen für den Gault Millau WeinGuide Deutschland 2011.


Gault Millau empfiehlt: Kaufen, kaufen, kaufen!
Am Ende der professionellen Verkostungsreihe steht das eindeutige Expertenurteil über 2009: »Kaufen, kaufen, kaufen!« Nicht nur, weil in fast allen Flaschen guter Wein steckt, sondern auch, weil der Nachfolgejahrgang wohl deutlich schwächer ausfallen wird: in der Qualität, aber vor allem in der Menge. Spitzenwinzer, so haben die Gault Millau-Autoren erfahren, haben ein Drittel weniger geerntet, manche auch nur die Hälfte der Vorjahresmenge. Und auch die war bereits im Ertrag eher mager ausgefallen. »Für das kommende Jahr ist deshalb auch ein deutlicher Preisanstieg bei Spitzenweinen nicht auszuschließen«, schätzt Chefredakteur Joel Payne

Die 13 deutschen Anbaugebiete im Überblick

Ahr: Ein großer Jahrgang liegt in den Fässern
Der Jahrgang 2006 galt bislang bei vielen Winzern in diesem kleinen Anbaugebiet zwischen Sinzig und Altenahr als der beste der letzten Zeit. Doch der 2009er wird ihm nun kräftig Konkurrenz machen. Einzig das schlechte Wetter, das den Ertrag im Vergleich zum Vorjahr um knapp ein Viertel reduzierte, war ein Wermutstropfen auf ein ansonsten ideales Weinjahr. Geschmacklich besitzen die ersten verkosteten 2009er ein Jahrgangsaroma, das an Sauerkirsche erinnert. Selten haben junge Ahrweine so ein hervorspringendes Bukett und eine solche Farbintensität entwickelt. Die hervorragende Gerbstoffausreifung, die nach Meinung der strengen Verkoster über der von 2006 liegt, macht die Weine ungemein attraktiv in ihrer Jugend.

»Die ungestüme Fruchtigkeit wird die Zeit bändigen. Richtig spannend wird es im nächsten Jahr, wenn die große Anzahl an barriquegereiften Roten zur Probe ansteht. Die Redaktion hat auch einen neuen Trend in der Region entdeckt: Mehr und mehr etabliert sich der Blanc de Noirs, der hell ausgebaute Spätburgunder, im Ahrtal.


Baden: Winzer zu Höchstleistungen angestachelt
Bei den ersten Fassproben der Gault Millau-Verkoster deutete sich bereits an: Das letztjährige Traumpaar von 2007er Rotweinen und 2008er Weißweinen findet mit 2008 und 2009 eine kongeniale Nachfolgepaarung. Kein Wunder also, dass dieser kleinklimatische Glücksfall Badens Winzer zu Höchstleistungen anstachelte, findet der Chefredakteur des Gault Millau WeinGuide, Joel Payne.


Franken: Die besten Silvaner Deutschlands
2009 feierte Deutschland das Jubiläum »350 Jahre Silvaner«. Die Franken feierten es besonders intensiv, weil die ersten urkundlich erwähnten Silvaner-Reben anno 1659 auf fränkischem Boden in Casteller Fluren gepflanzt wurden. Die fränkischen Winzer belohnten sich zum Jubiläum selbst, denn schon mit den Jungweinen zeichnete sich ab, dass ein ausgezeichneter Silvaner-Jahrgang in den Fässern und Tanks lag. »Gut ein halbes Jahr später war es auch in unseren umfangreichen Verkostungen schnell klar, dass 2009 exzellente Silvaner angefallen waren«, berichten Rudolf Knoll und der Chefredakteur des Gault Millau WeinGuide, Joel Payne.

Die besten Silvaner des Jahrgangs, die zugleich die besten in ganz Deutschland sind, stammen gleich zweimal vom Würzburger Juliusspital, gefolgt von weiteren Pracht-Exemplaren aus dem Hause Rainer Sauer. Horst Sauer, Fürst Löwenstein, Graf Schönborn, Schmitts Kinder, Dr. Heigel und Wirsching komplettieren die Liste der besten Silvaner des Jahrgangs 2009.


Hessische Bergstraße: Qualitätssteigerung in vielen Betrieben
Der gute Jahrgang 2009 führte in diesem kleinen Anbaugebiet zwischen Heppenheimund Zwingenberg zu einer Qualitätssteigerung in den meisten Betrieben.

»Der Jahrgang ist geprägt von harmonischer Fruchtsäure und Eleganz. Es ist die große Aromenvielfalt, die in vielen Weinen zur Geltung kommt und die Qualität des Jahrgangs belegt. Rotweinfreunde aber sollten sich sputen: Beieinem Ertrag von nur 60 Prozent des Vorjahrs droht ein früher Ausverkauf«, raten Hans-Wilhelm Apelt und der Chefredakteur des Gault Millau WeinGuide, Joel Payne, den Weinfreunden.


Mittelrhein: Ein gelungenes Spätlesejahr
Wie im Jahr 2008 probierten die Verkoster des Gault Millau WeinGuide auch vom Jahrgang 2009 klassischen Mittelrheinriesling mit elegantem, feinem Frucht-Säure-Spiel und nicht zu hohem Alkoholgehalt. Während 2008 eher ein Jahrgang mit Kabinettstückchen war, schreibt sich der Jahrgang 2009 als gelungenes Spätlesejahr in die Geschichtsbücher ein. »Erneut konnten die halbtrockenen und feinherben Riesling ihre besondere Stellung in dieser Region unter Beweis stellen«, berichten Hans-Jürgen Podzun und der Chefredakteur des Gault Millau WeinGuide, Joel Payne.

Mit 440 Hektar bleibt die Region zwischen Bacharach und Bonn gut überschaubar. Der Flächenrückgang ist allerdings zum Stillstand gekommen. Vor allem die Topbetriebe erweitern ihre Fläche. Eine Ausnahme macht da nur Florian Weingart, der die Lage Schloss Fürstenberg abgegeben hat und sich nun auf seinen angestammten Besitz konzentrieren will. Zugleich stemmen die beiden Spitzenbetriebe Müller und Weingart ein großes Investitionsvolumen, gleichermaßen im Keller wie in den Präsentationsräumen.


Mosel: Erträge zum Teil sehr niedrig
Ob 2009 ein Jahrhundertjahrgang ist, wie allenthalben angekündigt, haben die umfangreichen Verkostungen der Gault Millau-Redaktion letztlich auch an der Mosel nicht entscheiden können. Fest steht allerdings: Das allgemeine Niveau ist sehr hoch und viele Weine sind exzellent. Ob sie zu wahrer Größe heranreifen,
wird die Zukunft zeigen. »Unsere Prognose ist gut«, sagen Dr. Peter Henk und Dr. Eckhard Kiefer sowie der Chefredakteur des Gault Millau WeinGuide, Joel Payne.

Die Erträge waren zum Teil sehr niedrig. In den besten Fällen entstanden so Weine mit großer Konzentration und mineralischer Rasse. Edelfäule trat außer an der Terrassenmosel nur im untergeordneten Maße auf.


Das Niveau der trockenen Rieslinge ist erneut gestiegen, hat die Gault Millau Redaktion in zahllosen Verkostungen ermittelt. Der Jahrgang 2009 scheint ideal gewesen zu sein, um Prototypen dieses Stils zu erzeugen.


Nahe: Kraftvolle Rieslinge
Es tut sich viel an der Nahe, der lange Jahre der Ruf anhaftete, nicht ganz so dynamisch zu sein wie größere Anbaugebiete, zum Beispiel Rheinhessen oder die Mosel. Etliche Neuaufnahmen im Bereich der »Weiteren empfehlenswerten Betriebe« könnten bereits im nächsten Jahr den Sprung in die Traubenriege schaffen. Insgesamt zehn Weine konnten Nahegüter in diesem Jahr in den bundesdeutschen Spitzenreiter-Listen platzieren. Aber es sind nur vier Weingüter, aus denen diese Ausnahme-Gewächse kommen.


Pfalz: 2009er Rieslinge wieder etwas kraftvoller
2008 war bereits ein exzellentes Rieslingjahr mit frischen, mineralischen, säurebetonten Weinen. 2009 fielen die Rieslinge wieder etwas kraftvoller aus, blieben aber dennoch strukturiert und oft mineralisch. Beide Jahrgänge dürften sehr gut in der Flasche reifen. Doch 2009 bescherte der Pfalz doppeltes Vergnügen: Der trocken-warme Herbst brachte den Pfälzer Winzern auch weitestgehend gesunde, reife Burgundertrauben. Weltklasse-Burgunder mit Dichte und mineralischer Kraft wie die Weine von Rebholz, Knipser, Wehrheim oder der fast stilbildend mineralische Chardonnay von Becker weisen deutlich in Richtung mehr Mut zu Kontur und Komplexität. Die Roten dürften im kommenden Jahr für hohe Bewertungen sorgen.


Rheingau: Johannes Leitz ist der »Winzer des Jahres«

Selten haben die strengen Prüfer in der Spitze im Rheingau so eine Phalanx an starken trockenen, feinherben, frucht- und edelsüssen Weinen verkostet. Die 2009er Rieslinge sind spannungsgeladene Weine mit Strahlkraft, klarer Frucht, enormer Dichte und reifer Säure. Die Extraktwerte kamen mancherorts sogar an 2003 heran, nur eben gepaart mit lebendiger, finessenreicher Säure, die den Weinen Frische und Länge verleiht. Durch die Bank spricht die deshalb die Redaktion von sehr guten bis ausgezeichneten 2009er Qualitäten.


Rheinhessen: Spitzenweine keine Selbstverständlichkeit
Die Natur bot den rheinhessischen Winzern in 2009 alle Möglichkeiten, fantastische Weine zu erzeugen. Allerdings waren Spitzenweine trotz der idealen Bedingungen längst keine Selbstverständlichkeit. Denn wie in den Vorjahren hatten nur die Weine den letzten Kick, deren Trauben von der spannenden Phase des Herbstes ab Mitte Oktober profitierten. Wer 2009 zu sorglos und unbekümmert bei bester Witterung und sommerlichen Temperaturen erntete, fuhr zwar ganz gute Weine ein; mehr aber auch nicht. Das ist das Fazit von Manfred Lüer und dem Chefredakteur des Gault Millau WeinGuide, Joel Payne, nach umfangreichen Verkostungen.



Saale-Unstrut: Qualitativ gute Ernte trotz Frostschäden
Die Winzer an Saale und Unstrut waren etwas verwöhnt von den Erntemengen und Wetterbedingungen der letzten Jahre. Doch Anfang 2009 richteten strenge Fröste ernsthafte Schäden in den Weinbergen an. Zudem verrieselte zum Teil die Blüte, was die Menge nochmals reduzierte. Trotz allem konnte durch einen warmen Sommer und eher trockenen Herbst eine qualitativ gute Ernte eingebracht werden. Der Jahrgang präsentiert sich mit sehr guter Fruchtkonzentration und reifen Säuren, hat Matthias Dathan zusammen mit dem Chefredakteur des Gault Millau WeinGuide, Joel Payne, festgestellt.


Sachsen: 2009 mit guter Balance von Säure und Frucht
An das Jahr 2009 werden sich die Winzer in Sachsen wahrscheinlich noch lange erinnern. Die Januarfröste reduzierten die Erträge um fast 40 Prozent. Bis zum April war es hier sehr kalt, ein Frühling fand praktisch nicht statt. Schlechtes Wetter während der Rebblüte führte zu weiteren Ertragseinbußen. Ein guter Winzer brachte dann doch Weine hervor, die gerade im einfachen Qualitätsbereich durch viel Extrakt, Rasse, Würze und reife Säure geprägt waren. Im Vergleich zu 2008 fällt die bessere Balance aus Säure und Fruchtigkeit der Weine auf. Das haben Matthias Dathan und der Chefredakteur des Gault Millau WeinGuide, Joel  Payne, in zahlreichen Verkostungen ermittelt.


Württemberg: Alkoholstarke Weine ein Ärgernis
Nach wie vor ein ausgesprochenes Ärgernis in Württemberg sind die zum Teil viel zu hohen Alkoholgehalte, finden Kämmer und Payne. Bei den Lembergern, Zweigelt und Spätburgundern sind 14 Alkoholprozent längst nicht mehr die Ausnahme, sondern oft fast schon die Regel. Ja sogar Rieslinge, Kerner und Sauvignon Blanc werden nun als solche Superschwergewichte in den Ring geschickt. »Ohne Frage sind viele dieser wuchtigen Gewächse tatsächlich überaus beeindruckend, jedoch kommen uns ernsthafte Zweifel, wer diese alkoholstarken Weinen tatsächlich trinken soll«, fragen sich Kämmer und Payne.

 

Quelle: Gault&Millau WeinGuide Deutschland 2011

Gault&Millau WeinGuide Deutschland 2011
18. Jahrgang, 914 Seiten, 29.95 €€
ISBN 978-3-86244-003-0, Christian Verlag GmbH, München
 

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